Indirekte Beobachtung der Sonnenaktivitäten im VLF-Bereich
Dieses Gebiet eignet sich besonders als Einstieg in die Radioastronomie für Amateure - so auch für mich. Das liegt besonders daran, dass man keine riesigen Investitionen tätigen muss und man nahezu wetterunabhängig ist.
Das Prinzip
Zwischen den obersten ionisierten Luftschichten (Ionosphäre, ab ca. 80km Höhe) der Erde werden Radiofrequenzen zwischen 3 kHz und 30 kHz (VLF- bzw. Längstwellen) rund um den Erdball geleitet. Dabei wirken Ionosphäre und Erdoberfläche wie Spiegel, welche die VLF-Wellen reflektieren. Beeinflusst wird die Wellenausbreitung dabei stark vom Ionistationsgrad der unteren Ionosphärenschichten (E- und D-Schicht). Die Ionisation in diesen Schichten wird hauptsächlich durch harte Röntgenstrahlung der Sonne verursacht.

WFS

Bei erhöhter Sonnenaktivität treten vermehrt Sonnenflecken auf, die Ausbrüche starker Röntgenstrahlung (Röntgen-Flares) verursachen können. Diese erhöhte Röntgenstrahlung sorgt auf der Tagseite der Erde für eine erhöhte Ionisation der Ionosphäre, die zu einer Änderung der Ausbreitung der VLF-Wellen führt. Solche Änderungen der Empfangspegel von VLF-Frequenzen bezeichnet man als SID (Sudden Ionospheric Disturbances oder übersetzt eine plötzliche ionosphärische Störung).

Diese Tatsache macht man sich bei der indirekten Beobachtung der Sonnenaktivitäten zu nutze. Man überwacht zyklisch die Pegel ausgewählter Sender im VLF-Bereich und zeichnet die Messwerte auf. Aus dem so gewonnenen Verlauf eines jeden Senders kann man mit etwas Glück die Sonnenaktivitäten nachweisen.
Die Technik
Für den Empfang von Sendern im VLF-Bereich benötigt man eine E-Feld-Antenne oder eine Rahmenantenne. Die Antenne wird direkt an die Soundkarte eines PCs angeschlossen. Je nach Senderwahl kann man bereits mit einer üblichen Soundkarte mit einer Samplerate von 48kHz beginnen. Damit sind bereits Sender bis max. 24kHz zu empfangen. Da sich die Röntgen-Flares auch ein höheren Frequenzen bemerkbar machen, ist eine Soundkarte mit einer Samplerate von 192kHz empfehlenswert. Damit können alle üblichen Sender bis zu 90kHz empfangen werden.

Ich verwende eine E-Feld-Antenne, die mir K.H. Gansel gebaut hat (Materialpreis 25,-EURonen), die an eine externe USB-Soundkarte (EMU 0202) angeschlossen ist. Die Software läuft mittlerweile auf einem Mini-PC ohne angeschlossenen Bildschirm, Tastatur und Maus. Leider erfolgt die Messung derzeit im Dachgeschoss mitten in der Großstadt, wo lokale Störungen an der Tagesordnung sind. Später werde ich die Anlage in der Sternwarte aufstellen.
Software
Als Software eignet sich jede, die in der Lage ist, eine Frequenzanalyse (FFT) zu erstellen und die Pegelwerte einzelner Frequenzen zu speichern. Es gibt eine Reihe frei verfügbarer Software, von denen ich 2 nennen möchte:
  • Stanford SuperSID von der "Stanford Solar Center and the Society of Amateur Radio Astronomers": Ein einfach zu bedienendes Programm, die Konfiguration efolgt per konfig-Datei. Nachteilig ist, dass die Ergebnisse nur einmal pro Tag in Dateien gespeichert werden und keine Auswahl der Soundkarte möglich ist (Standard Windows).
  • Spectrum Laboratory: Ein sehr komplexes Programm was kaum Wünsche offen läßt, erfordert allerdings einiges Verständnis von der Materie. Eine Anbindung an eigene Datenhaltung ist möglich durch Skripte.

Da ich eigene konkrete Vorstellungen der Datenhaltung und -auswertung habe und die Programmiererei eh mein Beruf und Hobby ist, hab ich eigene Programme geschrieben, die die Signale aufzeichnen und in einer lokalen Datenbank (MySql) speichern. Für die lokale Auswertung gibt es ein Auswertungsprogramm, mit dem man auch die XRAY-Ereignisse vom SWPC (Space Weather Prediction Center) abholen kann. Weiterhin übeträgt ein Zusatzprogramm die Daten der lokalen an eine zentrale Datenbank im Internet, wo die Ergebnisse auf einer Webseite aktuell eingesehen werden können. Das Projekt ist so konzipiert, dass auch die Daten von mehreren Beobachtungsorten in der zentralen Datenbank gespeichert und dann auch gemeinsam ausgewertet werden können. Damit ist ein direkter Vergleich der Grafiken möglich. Auch die zentrale Datenbank wird automatisch mit XRAY-Ereignissen vom SWPC ab B7.0 versorgt.

Screenshot des Aufnahmeprogramms mit Darstellung des aktuellen Frequenzspektrums.
Screenshot des Auswertungsprogramms - der markierte Hintergrund ist ein B7.4-Flare vom 3.4.2010
Senderliste geeigneter Sender
  • GBZ 19,6 kHz Anthorn (Großbritannien)
  • ICV 20,27 kHz Tavolara (Italien)
  • HWU 20,9 kHz Le Blanc (Frankreich)
  • NAA 24 kHz Cutler (USA)
Wo man bei den Profis nachschauen kann.
  • Solarmonitor.org: hier findet man die aktuellen Messwerte der Solar Physics Group, Trinity College Dublin" und des "NASA Goddard Space Flight Center's Solar Data Analysis Center (SDAC)".
  • Space Weather Prediction Center (SWPC): hier findet man die aufbereiteten Ereignisse des SWPC (Space Weather Prediction Center), die die Daten des Satelliten "GOES 14" (Satellite for X-ray Events) in aufbereiteter Form bereitstellen.